Gaslighting: Die unsichtbare Waffe narzisstischer Manipulation
- sattleringrid
- 16. Sept.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 25. Okt.
Der Begriff „Gaslighting“ stammt aus dem Theaterstück „Gas Light“ des britischen Dramatikers Patrick Hamilton aus dem Jahr 1938. Das Stück spielt im London des 19. Jahrhunderts und handelt von einem Ehemann, der seine Frau systematisch manipuliert, um sie an ihrer eigenen Wahrnehmung zweifeln zu lassen. So dimmt er beispielsweise die Gaslichter im Haus und bestreitet anschließend, dass sich deren Helligkeit verändert hat. Ziel des Mannes ist es, seine Frau in den Wahnsinn zu treiben, um an ihr Erbe zu gelangen.
Durch die Verfilmungen „Gaslight“ (1940) und „Das Haus der Lady Alquist“ (1944) wurde die Manipulationstechnik weltweit bekannt, und der Begriff Gaslighting etablierte sich als Synonym für diese Form der psychischen Gewalt. In der Psychologie beschreibt Gaslighting heute das bewusste Verwirren, Verunsichern und Kontrollieren von Opfern, indem ihre Realität infrage gestellt wird.
Gaslighting ist eine besonders heimtückische Form des emotionalen Missbrauchs und der psychischen Manipulation, bei der das Opfer systematisch an seiner Wahrnehmung, seinem Gedächtnis und seinem Verstand zweifeln soll. Oft beginnt Gaslighting in engen Beziehungen, etwa zwischen Partnern, Eltern und Kindern oder Freunden, weil hier das Vertrauen besonders groß ist. In narzisstischen Beziehungen ist Gaslighting eines der zentralen Instrumente, um Kontrolle, Macht und emotionale Abhängigkeit zu sichern und das Opfer in seiner Realität zu destabilisieren.
Typische Techniken des Gaslightings sind das wiederholte Verneinen und Verdrehen von Tatsachen („Das habe ich nie gesagt.“), das Abwerten und Herunterspielen der Gefühle des Opfers („Du bist viel zu empfindlich.“), das Infragestellen der eigenen Erinnerungen oder Erlebnisse („Das hast du dir nur eingebildet.“) sowie das Spielen der Opferrolle durch den Täter.
Gaslighting hat das Ziel, das Opfer zu verunsichern, es sich selbst und seiner Urteilskraft nicht mehr vertrauen zu lassen und es so leichter kontrollierbar zu machen.
Die Folgen für Betroffene sind massiv. Sie leiden oft unter Selbstzweifeln, Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen („Brain Fog“), emotionaler Erschöpfung, Angststörungen und in schweren Fällen Dissoziation. Betroffene verlieren zunehmend die Fähigkeit, zwischen Wahrheit und Täuschung zu unterscheiden, was zu einer starken emotionalen Abhängigkeit vom Täter führt.
Gaslighting verläuft subtil und schleichend, oft in kleinen Schritten, ähnlich wie der bekannte „Frosch-in-der-Pfanne“-Effekt: Das Wasser wird langsam erhitzt, sodass der Frosch nicht merkt, wie gefährlich es wird, bis es zu spät ist. Diese stufenweise Manipulation macht es für Opfer schwer, das Geschehen zu erkennen und sich frühzeitig zu schützen.
Bei narzisstischen Tätern ist Gaslighting besonders wirksam, da sie von einem tiefen Bedürfnis nach Kontrolle und von fehlender Empathie geprägt sind. Sie nutzen Gaslighting als zentrales Werkzeug, um ihr „narzisstisches Supply“ (Aufmerksamkeit, Kontrolle, Bewunderung) zu sichern, indem sie das Opfer gezielt abhängig machen und die eigene Verantwortung für Missbrauch oder Konflikte bestreiten.
Warnzeichen für Gaslighting sind unter anderem: vermehrte Selbstkritik bei den Opfern, häufige Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, das Gefühl, ständig zu scheitern, widersprüchliche Aussagen des Partners, das Herausstellen angeblicher Fehler des Opfers vor Dritten, sowie eine zunehmende soziale Isolation des Opfers durch den Täter.
Um sich gegen Gaslighting zu schützen, ist es wichtig, das Muster zu erkennen, sich Unterstützung zu suchen (therapeutisch oder in Selbsthilfegruppen) und gegebenenfalls den Kontakt zum Täter abzubrechen (No Contact). Dokumentationen von Situationen und Wahrnehmungen helfen, der eigenen Erinnerung und Realität mehr Vertrauen zu schenken.
Heilung von Gaslighting erfordert Zeit und gezielte Unterstützung, da das Selbstvertrauen und die Selbstwahrnehmung tief erschüttert wurden.
Zusammenfassend ist Gaslighting eine perfide Form narzisstischer Manipulation, die mittels psychischer Gewalt das Opfer systematisch entmachtet, die eigene Realität in Frage stellt und so die toxische Beziehung aufrechterhält. Verständnis über Gaslighting ist ein entscheidender Schritt, um sich aus narzisstischem Missbrauch zu befreien und die eigene Wahrnehmung wiederzufinden.
Typische Beispiele für Gaslighting, wie es in Alltagssituationen, Partnerschaften und anderen Beziehungen vorkommt:
Ein Partner sagt nach einer klaren Tatsachenfeststellung: „Das hast du dir nur eingebildet“ oder „Das habe ich nie gesagt“, um das Opfer an der eigenen Erinnerung zweifeln zu lassen.
Wenn das Opfer Kritik äußert oder sich über verletzendes Verhalten beklagt, wird es mit Sätzen abgespeist wie: „Du bist viel zu empfindlich“ oder „Du machst aus einer Mücke einen Elefanten“.
Täter verdrehen oder leugnen offensichtlich sichtbare Tatsachen, etwa „Ich war die ganze Nacht zu Hause“, obwohl klar ist, dass sie es nicht waren, und bringen das Opfer so zum Zweifeln.
Das Opfer wird isoliert, indem der Täter behauptet, Freunde, Familie oder Kollegen hätten negative Meinungen über das Opfer oder seien der Beziehung gegenüber misstrauisch, sodass es sich zurückzieht.
Subtile Beleidigungen als „Witze“ oder sticheln auf Kosten des Opfers, die auf Dauer das Selbstwertgefühl zerstören, kombiniert mit immer wiederkehrenden Phasen freundlichen Verhaltens (Wechselspiel von Beleidung und Liebesentzug).
Typische Sprüche beim Gaslighting sind:
„Du bildest dir das nur ein.“
„Das hast du so nie gesagt.“
„Du bist zu emotional.“
„Ich glaube, du brauchst Hilfe.“
„Wenn du mich wirklich lieben würdest, würdest du…“
„Das ist nicht passiert, das machst du dir aus.“
Diese Beispiele zeigen, wie Gaslighting Opfer systematisch verunsichert, die eigene Wahrnehmung in Frage stellt und so emotional und psychisch abhängig macht.





